Auf der zweiten Pazifik-Etappe unterstützte mich entlang der Küste immer ein schöner, salziger Rückenwind – doch im Landesinneren sah alles gleich ganz anders aus.
Aufstehen zur Café-Öffnung
Die Nacht verlief aufgrund des vielen Lärms auf den Straßen eher im Power-Napping-Rhythmus. Ab und an schreckte ich auch hoch, weil ich Stimmen direkt am Zelt hörte – doch meist liefen einfach Leute über den Bürgersteig. Als mein Wecker um fünf Uhr klingelte, war ich eh schon wach. Ausnahmsweise stand ich mal wieder so früh auf, da sich der Café-Mitarbeiter bereits für halb sechs angekündigt hatte – und um sechs öffnet das Café. Bis dahin wollte ich zumindest das Gröbste wieder zusammengepackt haben. Ein paar Umdrehungen im Schlafsack später machte ich mich dann fertig und packte schon einmal alles ans Rad. Anschließend gönnte ich mir noch einen Frühstücks-Bagel und eine heiße Schokolade, um mich für den Tag zu stärken – immerhin stand heute eine der längeren Etappen am Pazifik an.
Salzige Seeluft
Die ersten Kilometer musste ich erst noch etwas aufwachen, doch als ich auf den Radweg direkt am Strand abbog und mir das Meer eine angenehme und leicht salzige Brise ins Gesicht wehte, war ich wieder hellwach. Die Küste lag noch im Schatten der Berge, dennoch kamen mir bereits ein paar Jogger oder Gassi-Geher entgegen. Bereits jetzt machte sich bemerkbar, dass es trotz der unmittelbaren Nähe zum Wasserspiegel immer gut hügelig auf und ab geht. Highlight des Vormittags war dann aber definitiv der Radweg direkt an der Autobahn, der super geteert und schön flach verlief. Hier rollte es sich wunderbar und ich genoss den Moment. Nur wenige Minuten später war ich auch schon im Stadtzentrum von Carpinteria.
Keine Spur vom Buschfeuer
Hier rief mich Jeff an, den ich bereits vor einigen Tagen auf Warmshowers angefragt hatte – und der meine einzige Hoffnung für eine Dusche und vielleicht sogar ein warmes Bett am Tagesende sein würde. Doch leider musste auch er absagen. Das Tagesziel blieb also der River Park in Lompoc. Als ich hinter der Stadt dann Santa Barbara immer näherkam, versuchte ich, das große Buschfeuer aus der Ferne zu erkennen. Doch ich sah, roch oder hörte nichts. In Santa Barbara selbst schien sich auch keiner von den Nachrichten beeinflussen zu lassen – trotz der frühen Uhrzeit war am Strand bereits einiges los. Hier bog ich allerdings in Richtung Innenstadt ab und folgte dem Highway 1 auf seiner Strecke durch Goleta.
Rückenwind auf der Autobahn
Hinter dem Ballungsgebiet um Santa Barbara ging es dann, nachdem ich bereits vorher einmal kurz auf die Autobahn wechseln musste, vollständig auf den Highway 101. Mittlerweile nahm auch der Wind wieder zu, doch entgegen der Vorhersage wehte er von der Seite und später sogar von hinten – mit High-Speed ging es jetzt also auf der Autobahn in Richtung Westen. Zwar gab es auch hier wieder einige Hügel zu bezwingen, doch der Wind war eine wunderbare Unterstützung. Erwähnenswert ist übrigens, dass auf diesem Abschnitt des Highways der Seitenstreifen tatsächlich die bessere Fahrbahnqualität als die eigentliche Autobahn hatte.
Rückkehr des Trios der Quälerei
Hinter Gaviota bog der Highway dann um fast 90° nach Norden ab. Hier legte ich auch eine kurze Pause auf einem Rasthof ein und füllte meine Wasserflaschen wieder auf. Ich ging natürlich davon aus, dass ich jetzt noch viel mehr Rückenwind haben würde – doch da hatte ich falsch gedacht. Drei Dinge änderten sich jetzt schlagartig: Es ging steil bergauf, der Wind wehte plötzlich von vorne und die Temperaturen stiegen von den vorher angenehmen 25 °C wieder auf knapp 40 °C an. Das Trio der Quälerei war zurück. Den Wind bekam ich übrigens direkt nach meiner Abfahrt auf dem Rasthof zu spüren: Hier ging es für ein paar Meter durch einen Tunnel, dessen Warnblinker für Autofahrer („Bicyclist in tunnel!“) sogar aufleuchteten, als ich mich näherte. Doch so cool das auch war, den Tunnel selbst hätte man auch als Windkanal nutzen können. Und dass mein Rad mit den Taschen sehr viel Luftwiderstand hat, wusste ich auch vorher schon.
Dieser ätzende Gegenwind
Acht Kilometer ging es jetzt durchgehend steil bergauf – immer zwischen 3% und 7% Steigung, wobei es am Ende bei den 7% blieb. Und das bei quälender Hitze und miesem Gegenwind. Eigentlich dachte ich, dass ich das mit der Abfahrt nach Los Angeles hinter mir gelassen hätte. Und mit einem solch hohen und steilen Anstieg hatte ich tatsächlich nicht gerechnet – bis er mir dann bei der Etappenplanung auffiel. Ich quälte mich also wieder sehr langsam voran und suchte vergeblich nach schattigen Plätzen. Endlich am Gipfel angekommen, freute ich mich schon auf eine laut Höhendiagramm ebenso steile Abfahrt – doch Pustekuchen. Es ging zwar erst etwas bergab, doch dann folgten weitere mühselige, kleine Anstiege. Und die paar Abstiege wurde ich eh vom Wind wieder ausgebremst.
Im Schleichtempo Richtung Ziel
Irgendwann war die Puste raus und ich fand glücklicherweise etwas Schatten auf dem Seitenstreifen der Gegenfahrbahn. Dort legte ich erst einmal eine kleine Mittagspause ein. Doch auch danach kam ich nicht viel schneller voran. So streckten sich die letzten 30 Kilometer bis Lompoc dann doch noch einmal länger als gedacht – mir kam es so vor, als wollte die Stadt mal wieder nicht, dass ich sie erreiche. Als ich dann endlich am Campingplatz war, gab es immerhin eine positive Überraschung: Entgegen der Google-Reviews gibt es sogar Duschen, was ich sofort ausnutzte. Auch mein Zeltplatz ist sehr schön – lediglich Strom fehlt hier, den gibt es nicht mal auf dem Klo. Auch bei „Jack in the Box“, wo ich Abendessen war, gab es keine Steckdosen. Also muss ich sparsam sein und hoffe, morgen alles wieder aufladen zu können. In San Luis Obispo komme ich jetzt immerhin nicht ganz so müffelnd an.
Die Etappe auf Strava
P.S. Die Bretzel-M&Ms sind sehr lecker!