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USA 2016

Millionen Jahre in die Vergangenheit

Mit jedem Meter abwärts wandert man Millionen Jahre in der Geschichte zurück. Der Bright Angel Trail endet da unten an der Klippe - nach fast zehn Kilometern Wanderung
Mit jedem Meter abwärts wandert man Millionen Jahre in der Geschichte zurück. Der Bright Angel Trail endet da unten an der Klippe – nach fast zehn Kilometern Wanderung

Heute ging es auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. Zu Fuß ging es morgens einige Meter in den Canyon hinein und später noch einmal auf den Trail of Time.

Die kühle Morgenluft ausnutzen

Der Tag begann heute früh. Bereits um sechs Uhr und damit immer noch eine Stunde nach Sonnenaufgang machte ich mich fertig, um mich noch in der angenehmeren Morgenluft erstmals in den Grand Canyon hineinzuwagen. Nach Frühstück und Dusche ging es per Shuttle-Bus zum Kopf des Bright Angel Trails, dem einfachsten und zugleich auch direktesten Weg herunter in Richtung Colorado River. Es war bereits gegen kurz vor acht Uhr, als ich dort losging, und für die Uhrzeit war bereits viel los. Es kamen mir auch schon eine beträchtliche Anzahl an Wanderern entgegen.

Wandern mit Straßenschuhen

Bergab ging es sehr einfach. Trotzdem schienen einige der etwas fülligeren Touristen bereits beim einfacheren Part der Wanderung Schwierigkeiten zu haben. Für die meisten Gelegenheits-Wanderer ist ein Rundtrip zur Wanderhütte nach eineinhalb Meilen das Ziel. Später gibt es noch weitere Hütten; ein Trip bis zum Plateau – dem Ende des Bright Angel Trails – wird nur für fortgeschrittene Wanderer empfohlen und dauert den ganzen Tag. Der Rückweg hinauf soll immerhin nicht unterschätzt werden. Mein Plan war es deshalb, nur bis zur ersten Hütte zu gehen. Doch bereits nach einigen Minuten fiel mir auf, dass meine flachen Stoffschuhe eher weniger für sandiges, steiniges und zugleich steiles Terrain geeignet sind.

Auf meinem Weg bergauf kam mir sogar eine Touristengruppe auf Eseln entgegen
Auf meinem Weg bergauf kam mir sogar eine Touristengruppe auf Eseln entgegen

45 Euro für ein Schnitzel

Deshalb genoss ich den Wanderweg nur knapp eine Dreiviertelstunde, ehe es wieder bergauf ging. Ganz bis zur Hütte hatte ich es nicht geschafft, aber die Sorgen um die Schuhe wurden etwas zu groß. Schließlich sollen die noch bis zum Ende der Tour durchhalten. Beim Weg bergauf kam mir sogar eine Gruppe auf Eseln entgegen. Die werden hier tatsächlich als Haupttransportmittel benutzt, auch um Proviant, Medizin und andere wichtige Dinge zur einzigen bewirtschafteten Hütte im Tal des Grand Canyon zu bringen. Nur ganz besondere und eilige Dinge werden dort per Helikopter hin transportiert. Das erklärt auch Preise von 45 Euro für ein Schnitzel.

Wieder unterwegs mit Nettie

Zurück im Village wollte ich den Rim Trail von hier aus Richtung Osten abgehen – bisher hatte ich nur den Teil zwischen Visitor Center und Yavapai Museum gesehen. Als ich gerade an einigen historischen Gebäuden vorbeigelaufen war und am Verkamps Visitor Center ankam, erblickte ich ein Schild: „History Walk 10am“ – Blick auf die Uhr: 9:58. Perfektes Timing. Ich schloss mich also der kleinen Gruppe mit inklusive einer deutschen Familie an und mit Nettie, die gestern auch bereits den Geology Talk gehalten hat, ging es auf eine Reise durch die Vergangenheit des Grand Canyon Village.

History Talk, wieder mit Ranger Nettie
History Talk, wieder mit Ranger Nettie

Der Mark Watney des Grand Canyon

Nach vielen spannenden Geschichten und einer Stunde war die Runde auch schon wieder vorbei und die Luft mittlerweile wieder sehr warm. Den ganzen Rim Trail wollte ich jetzt in der Mittagshitze nicht abgehen. Stattdessen setzte ich mich kurz an den Bahnhof, an dem nur wenige Minuten später sogar eine der zwei täglichen Züge eintraf – immer ein kleines Highlight. Anschließend ging es nochmal kurz in die Bücherei, um die Bestätigung für das Hotel in Las Vegas auszudrucken (wer druckt heute so etwas noch aus?). Als auch das erledigt war, saß ich die Mittagshitze auf dem Campingplatz im Schatten mit meinem Buch aus. Ich lese mein in London für den Flug gekauftes Buch „The Martian“ weiter, dessen Verfilmung ich auch schon im Kino gesehen habe. Ein bisschen fühle ich mich auch wie Mark Watney, alleine auf einem Kontinent und auf einem großen Abenteuer. Von der Landschaft passt es auch ein bisschen.

Grand Canyon Station, eine der ältesten Bahnhöfe Amerikas, die aus Holz gebaut wurden
Grand Canyon Station, eine der ältesten Bahnhöfe Amerikas, die aus Holz gebaut wurden

Trail of Time

Am Nachmittag stand dann der Rest des Rim Trails an. Vom Verkamp Visitor Center bis zum Yavapai Museum ist der Wanderweg entlang der Klippe gleichzeitig der „Trail of Time“, an dem man die ganzen Steinschichten und die Entstehungsgeschichte des Grand Canyon noch einmal in der horizontalen erleben kann – ohne extra bis zum Colorado River herunterwandern zu müssen. Da ich heute auch nicht sonderlich weit gekommen war, nämlich nur ein paar hundert Millionen Jahre, war das die perfekte Gelegenheit für mich, trotzdem einmal alle Steinschichten anfassen zu können. Aus Langeweile fotografierte ich sogar jeden der gefühlt 100 Stein-Exemplare. Ein bisschen fühlte ich mich wie ein Astronaut wie auf einer Forschungsmission. Ich muss ausgesehen haben wie ein Kleinkind.

Am Ende des Trail of Time, an dem man alle Schichten des Grand Canyon auch einmal in der horizontalen abgehen kann
Am Ende des Trail of Time, an dem man alle Schichten des Grand Canyon auch einmal in der horizontalen abgehen kann

Ein einziger Mobilfunkmast – und kein T-Mobile

Am Abend ging es noch einmal zum Market Plaza und meiner Stammbushaltestelle, um etwas W-Lan ausnutzen zu können. Nach etwas Googeln habe ich auch herausgefunden, warum ich hier kein Mobiles Netz habe: T-Mobile und der einzige Betreiber des Mobilfunkmastes hier, Comnet, konnten sich anscheinend noch nicht auf einen Vertrag für die Datennutzung einigen. Also gibt’s nur Anrufe und SMS – und selbst dafür hätte ich in vielen Teilen hier kaum Netz. Aber egal, umso mehr kann ich mal die Natur und Ruhe hier genießen. So langsam habe ich mich aber auch an den ganzen Steinen sattgesehen und freue mich schon auf Samstag, wenn es weitergeht. Morgen steht erst noch einmal Wäsche an, ehe ich den Rest des Tages mal die anderen Shuttle-Linien ausnutzen möchte.

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