Nicht nur vom teilweise sehr bergigen Highway 1 gab es heute unvergessliche Ausblicke über die Küste – das letzte Mal Campen findet auch vor Meereskulisse statt.
Autobahn-Feeling
Die Nacht in einem richtigen Bett und das anschließende reichhaltige Frühstück taten mal wieder sehr gut und bereiteten mich wunderbar auf den angekündigten starken Gegenwind vor. Da dieser aber erst ab Mittag so richtig loslegt, schwang ich mich bei Alan schon wieder recht früh aufs Rad. In der noch kühlen Morgenluft ging es noch einmal durch San Luis Obispo, ehe ich wieder auf den Highway 1 abbog. Dieser war mit seinen vier Spuren und dem dichten Verkehr zwar nicht besonders einladend, dafür entschädigten aber die schönen Hügel am Straßenrand – durch die ich mich zum Glück durchschlängelte. So ging es erst einmal über ein paar leichte Anstiege zurück zur Küste, die mich mit einer dicken Wolkenwand empfang. War das der Nebel, den Alan meinte? Kaum war ich am Meer, zogen sich die Wolken auch schon wieder zurück und legten den endlosen Blick über den Pazifik frei.
Kampf mit dem Wind
Es folgte ein nicht ganz so spannender und schnell verfliegender Abschnitt durch die Küstenstädte Morro Bay, Cayucos und Cambria, die zum Großteil vor allem aus Hotels bestanden. Erwähnenswert sind aber die vielen Radfahrer, die mir alleine auf den ersten Kilometern entgegenkamen. Das waren nicht nur Anwohner, die ihre Morgenrunde drehten, sondern teilweise auch schon andere Radtouristen. Der Wind störte mich am Anfang noch kaum und ich kam im guten Tempo voran. Doch hinter Cambria änderte sich das schlagartig: Die Strecke bog jetzt immer mehr Richtung Westen ab und der Gegenwind legte ordentlich los. Jetzt war ich mal wieder der Slowbiker und schlich mich im Schneckentempo voran. Die ganzen entgegenkommenden Radfahrer guckten schon fast so, als täte ich ihnen leid.
See-Elefanten
Nach einem guten Stück Quälerei legte ich erst einmal eine Mittagspause ein, die nur aus Müsliriegeln bestand. Viel interessanter als das Essen waren aber die See-Elefanten, die man an dieser Stelle beobachten konnte. Ich sah sogar ein paar am Strand liegen. Wie gerne hätte ich mich jetzt auch einfach in die Sonne gelegt, am liebsten möglichst windgeschützt. Mein Gegenwind war nämlich bisher eher frisch und ich überlegte mir sogar zwischendurch, Arm- und Beinlinge anzuziehen. Doch durch das ordentliche Treten gegen den Wind wurde mir letztendlich wieder warm genug. Stattdessen hegte ich eher Pläne, mir beim nächsten Radladen einen Motor einbauen zu lassen.
Serpentinen an der Küste
Doch all die Sorgen um den Wind verflogen ziemlich schnell, als plötzlich der erste steile Anstieg des Tages begann. Jetzt war ich auch wieder gut drauf, denn das Erklimmen dieser „Berge“ machte sogar richtig Spaß. Ständig kamen mir Radfahrer entgegen, die Kurven schlängelten sich malerisch die steile Küste hoch und alle paar Meter wurde man mit unvergesslichen Ausblicken belohnt, die immer besser wurden, je höher man stieg. Zwischendurch ging es dann mal wieder abwärts, ehe es wieder steil berghoch ging. Glücklicherweise spürte man hier vom Wind nichts und ich konnte diesen schönen Abschnitt der heutigen Etappe ganz in Ruhe genießen. Ab und zu rissen mich komische Geräusche vom Hinterrad aus der Euphorie – doch ich konnte nichts Auffälliges feststellen und alles lief noch.
Nur das Meer, die See-Elefanten und ich
Ein besonderes Highlight war dann ein Anstieg, an dem ich dank einer Baustellenampel mal für ein paar Minuten meine Ruhe hatte und ich plötzlich nur noch das Rad, das Meeresrauschen und sogar das Jaulen der See-Elefanten hörte. So einen Moment vergisst man nicht so schnell. Leider folgte nach der Baustelle wieder der übliche Verkehr. Der bestand zum Großteil übrigens aus drei Gruppen: Aallen möglichen Radfahrern (mich eingeschlossen), vom Trekking-Bike bis hin zum Liegerad und von leicht bepackt bis hin zu Gepäck auf dem Anhänger, dann den Cabrio-Fahrern (meistens Mustangs oder BMWs) und den ganzen Leih-Wohnmobilen. Lediglich die letztere Gruppe wurde mir ab und an gefährlich, als die Muttis am Steuer zu unüberlegten Überholmanövern auf den engen Serpentinen ansetzten.
Campground Full
Es dauerte nicht mehr lange und ich erreichte Plaskett, wo ich ursprünglich übernachten wollte. Auch hier gab es einen Campingplatz, der sogar Wasser hat. Doch die Lage war nicht sonderlich schön und ich hatte mir eh bereits den Kirk Creek Campground ausgesucht, der noch etwa 10 Kilometer weiter lag. Immerhin hatte ich vorsorglich genug Wasser dabei und außerdem freute ich mich auf die laut Beschreibung gute Aussicht vom direkt an der Küste liegenden Platz. Doch ein Detail ließ mich plötzlich nervös werden: An der Einfahrt zum Campingplatz in Plaskett hing bereits das Schild „Campground Full“. Die Erinnerungen vom Grand Canyon kamen hoch und das Adrenalin schoss mir direkt in die Beine. Im Eiltempo sprintete ich über die letzten zwei Anstiege bis zu meinem Tagesziel. Und auch hier: „Campground Full“.
Campsite mit Ausblick aufs Meer
Doch ich hoffte und ahnte bereits, dass damit nur die Plätze für Autos gemeint waren. Eine kurze Rückfrage bei der netten Park-Rangerin, die hier den Camp-Host macht, brachte die gewünschte Erleichterung: Auf der Bike&Hike-Site war noch fast alles frei. Ich suchte mir direkt den ersten Platz aus und baute mein Zelt mit Blick auf den Pazifik auf. Später kam die nette Rangerin noch angefahren und sagte den anderen Radfahrern und mir, dass sie an ihrem Wohnwagen noch Wasser für uns habe. Sie nahm mich sogar direkt in ihrem Truck mit hoch und ich konnte direkt meine Vorräte auffüllen – so habe ich jetzt definitiv genug Wasser. Anschließend machte ich mich über einen kleinen Trampelpfad auf zum „Strand“, der statt aus Sand aus vielen dicken Steinen bestand.
Das erste Mal Baden im Pazifik
Ich überlegte lange, wie ich am besten und am ungefährlichsten ins Wasser kommen könnte und fand letztendlich eine geeignete Stelle. Doch mein erstes Mal „Baden“ im Pazifik kostete große Überwindung – das Wasser war eisig kalt. Am Ende ging ich einfach schnell rein und eine ankommende Welle tat ihren Rest. Allerdings machte ich schnellen Prozess, wusch mich schnell und sprang wieder raus. Die Rangerin hatte mir erklärt, dass es hier auch eine Süßwasser-Quelle gab, deren Wasser ebenfalls an dieser Stelle ins Meer fließt. An dieser genoss ich dann noch einmal eine kleine „Dusche“ mit nicht salzigem Wasser. Frisch ging es wieder zurück zum Zelt, wo ich mir später dann zwei Dosen Spaghetti mit Meat Balls kochte. Übrigens habe ich die Ursache für das Geräusch vom Hinterrad gefunden: Der Gepäckträger hat eine Schraube verloren und ist links nicht mehr ganz fest. Doch ich bin optimistisch, für die letzten drei Etappen wird das wohl noch halten.
Die Etappe auf Strava