Auf dem Desert View Drive ging es heute immer entlang von Ausblicken in die Tiefe ins Grand Canyon Village, wo ich bis Samstag bleiben werde.
Tagsüber heiß, nachts kalt
Nachdem mich die Hitze gestern beim Aufstieg zum Grand Canyon ganz gut gequält hatte, war ich über eine kühle Nacht eigentlich froh. Dass es aber so kühl wird, dass ich am Morgen gar nicht mehr aus dem Schlafsack möchte, hätte ich aber nicht gedacht. Wobei es mir aus meinen Erinnerungen aus dem Erdkunde-Unterricht dann doch dämmerte: Wüstenklima, tagsüber sehr warm und nachts sehr kalt. Und dann auch noch auf dieser Höhe. Als dann die Sonnenstrahlen das Zelt endlich wieder etwas erwärmten, wagte ich mich endlich heraus. Toilette, Frühstück, Packen – alles ganz in Ruhe und entspannt, schließlich konnte mir jetzt mit Reservierung ja nichts mehr passieren.
Großzügige Camping-Nachbarn
Während ich an meinem Oatmeal saß, kam mein anderer amerikanischer Campingnachbar noch herüber und schenkte mir zwei Packungen Pop-Tarts (sah ich so hungrig aus?). Wir plauderten noch etwas über meine Tour, er selbst war mit seiner Frau im Wohnmobil unterwegs und hatte gestern eine ähnliche Situation wie ich erlebt. Er muss wohl erst kurz vor mir angekommen sein und hatte ebenfalls Glück mit dem Campingplatz. Als ich später schon fast alles zusammengepackt hatte, kam er noch einmal rüber, um sich meinen Blog zu notieren. Dabei schenkte er mir auch noch unerwarteter weise sechs Dollar in Form von seltenen Ein-Dollar-Münzen – ein sehr cooles Souvenir, danke!
Viele Ausblicke auf den Canyon
Anschließend ging es ganz gemächlich los. Jetzt am frühen Vormittag waren noch nicht ganz so viele Touristen in ihren Wohnwagen auf der Straße unterwegs – ich begegnete an einigen Stellen sogar Wild, das ebenfalls ganz in Ruhe die Straße überquerte. Dennoch waren die Parkplätze an den Aussichtspunkten auf den Grand Canyon schon gut gefüllt. Hier mischte ich mich mal wieder unter die Menschen und ergatterte sogar ein paar schöne Touri-Fotos. Gleichzeitig genoss ich wieder einmal den Ausblick, der sich je nach Aussichtspunkt und Blickwinkel änderte. Einziges Manko: Direkt nach fünf Kilometern machte es mal wieder „Pling“, Speichenbruch Nummer vier. Doch das ignorierte ich jetzt einfach gekonnt.
Wieder mal Glück gehabt
Um kurz vor zwölf Uhr – also pünktlich zum Check-In – erreichte ich dann den Campingplatz, der für die nächsten vier Nächte meine Unterkunft sein soll. Vorbei an sämtlichen „Campground full“ und „NO vacancy!“-Schildern ging es zur Rezeption, wo mich die nächste Überraschung erwartete. Ich hatte mich ja bereits auf Diskussionen zu meiner Reservierung auf einer Site für Behinderte eingestellt, doch stattdessen bot mir der Park-Mitarbeiter an, ohne sämtliche Umbuchungs- oder Stornierungsgebühren auf den viel günstigeren Gruppen-Zeltplatz für Radfahrer umzubuchen. Da dieser nur sechs Dollar die Nacht kostet, kriege ich jetzt 48 Dollar zurückerstattet. Und das beste: Die Duschen und der Parkausgang liegen direkt gegenüber – vom reservierten Platz hätte ich bestimmt eine Viertelstunde zu Fuß gebraucht, der Campingplatz ist riesig. Vielleicht bringen gebrochene Speichen ja Glück.
Abgeschnitten von jeglichem Internet
Zufrieden über das gesparte Geld baute ich also mein Zelt auf dem großzügigen und dank einiger Bäume auch schattigem Platz auf. Genügend Auswahl hatte ich, denn bisher stand nur ein weiteres Zelt etwas weiter abseits. Sogar geruchsdichte Boxen für das Essen standen bereit, so dass ich mein ganzes Proviant vor den Tieren sichern konnte. Anschließend ging es zur langersehnten Dusche in das „Camper Service“-Gebäude. Einzige Enttäuschung: Das W-Lan ist kaputt. Das kam mir nicht sehr gelegen, da ich hier im Village zwar Netz, aber irgendwie kein mobiles Internet habe. Da hat man mitten in der Wüste oder mitten in Kansas LTE und hier am Touri-Hotspot kriegt T-Mobile nicht einmal Edge oder 3G hin.
Kein Internet, nur Touristen
Nach der Dusche wollte ich also schnellstmöglich irgendwo Internet finden, um den Beitrag von gestern hochzuladen und endlich mal wieder WhatsApp checken zu können. Mit dem Rad machte ich mich also auf ins Village – hier vermutete ich den Radladen, den Google mal angezeigt hatte. Doch ich hätte vielleicht erst einmal auf die Karte gucken sollen, die ich beim Parkeingang gekriegt habe. Hier im Village gab es zwar endlos viele Touristen, aber weder einen freien Internetzugang oder einen Fahrradladen. Ich war etwas darüber erstaunt, wie weitläufig hier doch alles ist. Irgendwie hatte ich mir das alles wirklich wie ein Dorf vorgestellt, auf dem alles auf einem Haufen ist. Also zurück Richtung Market Plaza.
Endlich Internet
Hier gibt es nicht nur einen Supermarkt, sondern auch das übliche Post Office, eine Bank und ein Hotel mit Restaurant. Und viel wichtiger: Es gibt W-Lan! Bestimmt mehr als eine Stunde saß ich an der Bushaltestelle des Shuttle-Busses und updatete erst einmal meine Familie und den Blog. Daneben buchte ich mir schon einmal im Voraus einen Campingplatz in Seligman und ein Motelzimmer in Kingman. Darauf freue ich mich jetzt schon besonders, denn einerseits habe ich dann nach knapp einer Woche mal wieder ein richtiges Bett und außerdem soll es in Kingman das erste In-N-Out geben, auf das ich schon die ganze Tour hin fiebere. Den Ratschlag, hier ein Motel zu buchen, gab mir übrigens Travis: Bei tagsüber über 40 °C meinte er, dass ich hier froh über jede Klimaanlage wäre. Bis Las Vegas ist es jetzt also erst einmal nichts mehr mit Spontanität – doch das gute Gefühl, bereits feste Unterkünfte zu haben, überwiegt deutlich.
„I’ve never changed a spoke before…“
Jetzt hatte ich genug Zeit vertrödelt und wollte mich endlich zum Visitor Centre aufmachen, an dem es auch den besagten Fahrradladen geben sollte. Besser gesagt Fahrradverleih mit angeschlossenem Café – es blieb mir also zu hoffen, dass es hier auch eine Werkstatt gibt. Doch die gab es: Leider war heute nur der Gehilfe da, der noch nie eine Speiche gewechselt hatte und sich das nicht traute. Er gab mir aber die Telefonnummer seines Chefs, der morgen wieder da sein würde – dann probiere ich also nochmal mein Glück. Ein Blick auf die Werkzeuge in der Werkstatt ließ aber schon einmal auf Gutes hoffen. Den restlichen Tag verbrachte ich dann noch mit ein paar Ausblicken vom Mather Point und einem leckeren Sandwich am Market Plaza. Da es mit Sonnenuntergang dann wieder sehr schnell sehr kühl wurde, ging es danach schnell zurück ins Zelt. Weitere Nachbarn sind übrigens nicht dazugekommen – ich bin hier in der Ecke also weitestgehend alleine mit den Elchen.
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