Unter meinen für 2015 gesteckten Highlights befindet sich auch ein Tagestrip zur Ostsee. Nachdem die Tour zur Müritz im April so reibungslos geklappt hat, wollte ich die etwa 100 Kilometer mehr jetzt auch endlich in Angriff nehmen. Der Plan: Möglichst früh los, um nach insgesamt 280 Kilometern in Warnemünde ein Foto an der Mole zu schießen – dann mit der Bahn noch am selben Abend zurück.
Am Vorabend Kohlenhydrate getankt
Das Wetter schien auf den ersten Blick ideal: Es hatte gestern wie aus Eimern geregnet und gewittert, alle Pollen konnten mir also nichts antun. Außerdem sollte es angenehm kühl werden. Nur der Wind ließ mich zwei Mal überlegen, ob ich es wirklich durchziehe: Wünschenswert wäre ein Südwind gewesen, angekündigt wurde Westwind. So ein bisschen Seitenwind wird ja wohl nicht schaden – dachte ich da zumindest noch. Also am Vorabend noch ordentlich Nudeln in mich reingeschaufelt und noch spontan ein Maltodextrin-Gemisch aus einem Pumper-Laden besorgt – es kann losgehen!
Herrliche erste Stunden
Die Strecke war natürlich sogar nach Uhrzeiten geplant – dafür lege ich mir seit kurzem immer ein Excel an – und so stellte ich meinen Wecker auf kurz vor vier. Nach einem schnellen Frühstück und dem Packen des Rucksacks schwang ich mich um Viertel vor fünf aufs Rad. Die Sonne war gerade aufgegangen und Berlin schlief noch. So ließ es sich herrlich durch die Stadt rollen – auch wenn ich mich manchmal fragte, warum die ein oder andere Ampel überhaupt schon in Betrieb war. Am Ku’Damm war für die Zeit noch am meisten los: Hier gingen die letzten Club-Besucher nach Hause und Taxen nutzten die leere Straße für Manöver, die sich normale Autofahrer nie trauen würden.
Garmin auf Sparflamme
Die Strecke glich bis hinter Röbel meiner Müritz-Tour, so dass ich in weiser Voraussicht die Routing-Funktion an meinem Garmin noch nicht aktivierte und auch die Auto-Helligkeit ausstellte. Mit Erschrecken musste ich nämlich bereits nach einer Stunde feststellen, dass 10% des Akkus verbraucht waren. In Angst, nicht die komplette Strecke bis Warnemünde aufzeichnen zu können, stellte ich also auf Sparflamme. So versuchte ich die Strecke aus dem Kopf zu fahren und notfalls die Strecke in der Vorschau anzusehen – das klappte sehr gut. Vorteil: Ich konnte mich voll auf die Natur konzentrieren, die sich so früh morgens mit blauen Himmel von ihrer besten Seite präsentierte.
Alles grau
Leider hielt das gute Wetter nur die ersten drei Stunden der Tour. Zu meiner Enttäuschung zogen gegen acht Uhr dicke Wolken auf, die den Himmel komplett bedeckten. Mit der Wolkendecke kam auch stärkerer Wind, und die graue Atmosphäre trübte meinen Spaß am Fahren. Meine Frühstückspause in Rheinsberg, wo ich netterweise bei einer Bäckerei meine Flaschen wieder auffüllen konnte, hielt ich entsprechend kurz. Es wurde plötzlich wieder kühler und ich fing an zu frieren. Die nächsten Kilometer waren nicht sonderlich aufregend, und so kam ich schneller als gedacht nach Röbel, wo ich mir ein Eis gönnte. Gerade als ich mich auf eine Bank setzte, fing es an zu nieseln – auch das noch.
Ostsee oder Müritz II?
An der Müritz merkte ich auch, dass ich selber langsam schwach wurde. Würde ich die mindestens noch 120 Kilometer bis zur Ostsee noch durchhalten? Zeittechnisch lag ich gut im Plan, aber die Motivation war wegen des ungemütlichen Wetters getrübt. Jetzt hätte ich noch die Chance, nach Waren abzubiegen und einfach eine Wiederholung meiner Müritz-Tour aus dem Tag zu machen. Doch da ich bereits so weit gekommen war, wollte ich nicht aufgeben. Ich kämpfte mich also durch den mittlerweile starken Gegenwind nach Malchow.
Pffffffffffffffffffffff
Kurz hinter der Inselstadt dann der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Ein leises Zischen vom Hinterrad ließ mir sämtliche Schauer über den Rücken laufen. Der Regen hatte sich gerade erst verstärkt und ein Platten wäre jetzt das letzte, das ich gebrauchen könnte. Es half nichts: Der Reifen war keine zehn Sekunden später platt. Also das von den nassen Wegen mittlerweile sehr dreckige Rad umgedreht, Reifen raus, Schlauch raus, neuer Schlauch rein, Reifen drauf, Luft rein. Da meine Laune jetzt auf dem Nullpunkt war, wollte ich eigentlich nur sofort nach Hause. Mies gelaunt machte ich mich in Richtung Waren, von wo aus ich den Zug nehmen wollte.
Kurzer Lichtblick
Als ich zum Abzweig kam, an dem ich entweder Richtung Ostsee oder nach Waren hätte fahren können, blieb ich noch einmal fünf Minuten stehen und wägte alle Argumente ab. Klar, der Platten war doof und ich hatte nicht mehr den vollen Luftdruck auf dem Hinterrad, aber eigentlich könnte ich die 100 Kilometer noch schaffen. Aber tue ich mir das bei dem Wetter, Wind und den müden Beinen wirklich noch an? Was, wenn ich irgendwo auf dem Land liegen bleibe? Nach einigen innerlichen Konflikten entschied ich mich dann doch für Waren. Da der Zug bald kommen würde, blieb mir nicht mehr viel Zeit und ich fuhr im Eiltempo (und jetzt mit Rückenwind) in Richtung der Stadt an der Müritz. Es bleib auch kaum Zeit für den Kauf des Tickets, da kam schon der Zug. Die Rückfahrt war übrigens dank Großfamilie mit Kleinkindern und „lustiger Männertruppe“ noch mal ein Highlight für sich.
Und die Moral von der Geschicht‘
Aus dieser Tour habe ich einiges gelernt, was ich bei meinem nächsten Versuch auf jeden Fall anders machen werde: Zuallererst sollten Wetter und Wind doch noch schöner und passender sein. Mit Rückenwind lassen sich 280 Kilometer einfacher erledigen. Außerdem möchte ich noch eher losfahren, um den Anfang noch ruhiger angehen zu können – damit ich nicht schon nach der Hälfte schwach werde. Daneben wäre es entspannter, die Tour Samstags anzutreten – so hat man keinen Stress und könnte im Notfall irgendwo übernachten, bevor man zurückfährt. Und zuallerletzt brauche ich noch einen Zusatzakku für mein Garmin, damit ich es auch vollständig und entsprechend dem eigentlichen Zweck über die ganze Distanz ausnutzen kann.
Eine Antwort auf „Mission Ostsee gescheitert“
[…] hier an die Ostsee zu düsen. Damals wollte ich unbedingt mal nach Warnemünde fahren, es gab sogar einen gescheiterten Anlauf, aber irgendwie hat es dann nie geklappt. Bis jetzt: Durch die aktuelle Hitzewelle und die […]