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USA 2016

Bei den Natives

Weit war es heute nicht mehr bis Tuba City, wo ich bei Janet und Travis übernachte. Die beiden sind waschechte Hopi-Natives und haben mir heute Abend sogar ihr Dorf gezeigt.

Geweckt von Koyoten

Die erste Nacht im Zelt seit einigen Wochen war trotz des harten Wüstenbodens relativ bequem. Ich konnte gut durchschlafen und die Temperaturen waren nachts genau richtig. Geweckt wurde ich heute morgen aber nicht vom Sonnenlicht, sondern von Schritten und Raschelgeräuschen neben meinem Zelt – zuerst dachte ich an Waschbären. Als ich gerade mein Zelt öffnen wollte, fingen die Besucher jedoch sofort an, zu knurren und zu bellen. Entweder waren es also Koyoten oder wilde Hunde, gesehen habe ich sie leider nicht – ich blieb dann doch lieber im Zelt und versuchte, meine Gäste durch irgendwelches Kauderwelsch zu vertreiben. Irgendwann gingen sie auch und ich drehte mich noch einmal um.

Ausgebuchter Grand Canyon

Als ich mir später gerade in Ruhe Frühstück machte – es gab Brötchen mit Honig und Oatmeal – nutzte ich die Gelegenheit, um mir schon einmal mehr Infos zum Campingplatz am Grand Canyon zu holen. Immerhin war ich mir jetzt ziemlich sicher, in zwei Tagen dort sein zu können. Auf der Website sah ich, dass der Mather Campground, der direkt am Grand Canyon Village und damit zentral im Touristen-Zentrum liegt, nur per Reservierung im Voraus buchbar ist. Als ich das gerade machen wollte, der erste Schock: Der nächste freie Platz wäre im Juli verfügbar. Ich suchte also nach Alternativen. Es gäbe etwa 40 Kilometer weiter östlich einen weiteren Campingplatz, der im Gegensatz zum großen Platz keine Duschen hat und ein First-Come, First-Serve-Platz ohne Reservierungen ist. Ich müsste also pünktlich ankommen, um einen Platz zu kriegen. Abgesehen davon wäre der natürlich ganz gut ab vom Schuss.

Auf der Suche nach Alternativen

Während ich bereits die ersten Kilometer des Tages hinter mich brachte, ließen mich die Gedanken um den Grand Canyon nicht los. Ich wollte unbedingt ins Grand Canyon Village, da man dort dann schön seine Ruhetage mit all den Geschäften, Shuttles und Wanderwegen vor Ort ausnutzen kann. Außerdem fand ich die Duschen am Campingplatz sehr reizend. Nach einer Weile rief ich also bei der Organisation, die die Buchungen übernimmt an – mein Plan war, nach einem vielleicht verfügbaren freien Platz für mich kleinen Fahrradfahrer zu fragen. Doch an der allgemeinen Hotline für sämtliche Campingplätze konnte man mir auch nicht weiterhelfen. Stattdessen hörte ich zwischen den vorbeifahrenden Autos etwas von „Walk-In Space“ und dachte, dass die Frau am anderen Ende der Leitung damit den östlicheren Platz meint.

Atemberaubender Blick zur Seite: Endloses Nichts bis zum Horizont
Atemberaubender Blick zur Seite: Endloses Nichts bis zum Horizont

Der letzte freie Platz

Etwas niedergeschlagen überlegte ich mir schon wilde Alternativen: Ich könnte hoch ins Dorf fahren und dort bei den Leuten fragen, ob sie ihren Platz mit mir teilen. Andererseits wollte ich nichts dem Zufall überlassen. Was, wenn das nicht klappt? Wieder 40 Kilometer zurückfahren und eventuell vor einem weiteren vollen Campingplatz stehen? Auch die Idee, bei Instagram oder Facebook nach Leuten zu suchen, die an dem Platz eingecheckt hatten, verwarf ich wieder. Stattdessen guckte ich aus Trotz noch einmal auf die Website mit den verfügbaren Daten. Und siehe da: Plötzlich war ein Platz von Dienstag bis Samstag frei. Der letzte. Also schnell gebucht. Hinweis beim Buchen: Hier handelt es sich um einen Behinderten-Platz – man müsse seinen Behindertenausweis vorzeigen. Im Kleingedruckten stand aber auch, dass das nicht gilt, sofern es der letzte Verfügbare Platz ist. Auf eine Diskussion habe ich mich auf jeden Fall schon einmal vorbereitet – wichtig ist: Ich habe einen sicheren Platz direkt im Grand Canyon Village für nächste Woche!

Touristen überall

So rollte es sich gleich viel entspannter Richtung Tuba City. Unterwegs wurden meine Trinkvorräte leider etwas knapp, weshalb ich glücklicherweise einen kleinen Supermarkt in Red Lake fand und diesen direkt zum Auftanken nutzte. Hier rief ich auch bei Travis und Janet an, die ich vor drei Tagen bei der heißen Quelle in Rico kennengelernt habe und die mir einen Platz zum Schlafen angeboten hatten. Das Angebot stand noch – also weiter auf die letzten Kilometer. Wie bereits gestern fuhr ich die meiste Zeit zwischen Steinen und Steppe – teilweise mit endlosen Blicken bis zum Horizont. Die einzigartige Landschaft auf der einen Seite und nervende Wohnwagen auf der anderen. Fast jedes zweite Fahrzeug war ein Leih-Wohnmobil. Diese Touris…

Fast wie auf der Mecklenburgischen Seenplatte: Überall nur riesige Leih-Schiffe, äh -Wohnmobile
Fast wie auf der Mecklenburgischen Seenplatte: Überall nur riesige Leih-Schiffe, äh -Wohnmobile

In verschiedenen Zeitzonen

Der Gegenwind war heute leider etwas stärker als gestern und auch nicht mehr erfrischend kühlend. Entsprechend dauerte es etwas, bis ich mein Tagesziel erreichte. Hier hatte ich dann zwei verschiedene Uhrzeiten: Mein iPhone war bereits in der Pacific Time Zone, während mein Garmin noch in der Mountain Time Zone blieb. Der Grund: Arizona selbst macht die Sommerzeit nicht mit und ist daher aktuell auf dem gleichen Stand wie die Westküste. Ausnahme ist das Reservat der Natives, in dem ich gerade bin. Meine Geräte sind sich also nicht einig, wo genau die Grenze liegt. Offiziell liegt Tuba City noch in der Sommerzeit.

Tour durch Moenkopi

Travis empfang mich bereits von der Straße aus und leitete mich zu seinem Haus. Janet versorgte mich erst einmal mit etwas Flüssigkeit, ehe ich eine abkühlende Dusche genoss. Später gab es auch noch ein frühes und sehr füllendes Abendessen, das aus Fried Bread, vielen weiteren Belägen wie Käse oder Zwiebeln und Bohnen-Eintopf bestand – das man alles gut kombinieren konnte. Am Abend selbst fuhr mich Janet sogar noch zum Supermarkt, der etwas außerhalb liegt, damit ich meine Vorräte für die nächsten Tage Camping aufstocken konnte. Nach dem Einkauf machten wir dann noch einen Umweg durch Moenkopi (ausgesprochen „Munkepi“), dem Heimatdorf von Janet. Hier leben weiterhin viele andere Natives in ihren Häusern und bewirtschaften auch die Felder. Sie zeigte mir das Haus, in dem sie aufgewachsen ist und für das sie seit kurzem verantwortlich ist. Gleichzeitig lernte ich einiges über die einzelnen Clans und die Landwirtschaft der Hopi-Natives.

Alle Sorgen umsonst?

Als ich vorhin übrigens noch einmal recherchierte, wie der Campingplatz im Grand Canyon Village ausgestattet ist, stieß ich übrigens auf einen wichtigen Hinweis, den ich bisher überlesen hatte: Auf dem Platz gab es auch einen Walk-In-Bereich für Wanderer und Radfahrer, der nicht reservierbar ist und für den man sich einfach bei der Ankunft anmeldet. Alle Sorgen und Gedankenspiele des Vormittags waren also für die Katz gewesen – ich hätte wahrscheinlich auch so einen Platz gefunden. Das meinte die Dame am Telefon also. Egal – viel günstiger wird der Platz dort nicht gewesen sein, schließlich zahle ich jetzt schon nur 18 Euro pro Nacht. Und habe definitiv einen sicheren Platz, und auch noch ganz für mich alleine. Und falls es damit wegen des nicht vorhandenen Behinderten-Ausweises Probleme geben sollte, gibt es also ein Back-Up.

Und auch das Hotel in Vegas steht

Gebucht ist mein Platz erst ab Dienstag, daher muss es morgen erst noch einmal woanders hingehen. Ich habe mir überlegt, dann wenigstens für eine Nacht den östlicheren Campingplatz zu nutzen und mich dort schon einmal an den Grand Canyon zu akklimatisieren. Eine Nacht ohne Dusche zu verbringen kenne ich ja bereits. Und anschließend geht es übermorgen dann zum richtigen Platz, auf dem ich dann vier Nächte bleibe. Der ganze Stress heute um den Schlafplatz war mir am Ende doch zu viel, so dass ich in weiser Voraussicht auch schon einmal ein Hotel in Las Vegas gebucht habe. Ich Sparfuchs werde also vier Nächte im „Stratosphere Hotel & Casino“ direkt am Strip verbringen – für nur je 35 Dollar die Nacht, inklusive aller Steuern und Gebühren. Jetzt kann ich auch definitiv wieder ruhig schlafen.

Die Etappe auf Strava