Einmal den Radweg Berlin-Kopenhagen durchgängig von Berlin bis Burgwall fahren – das Ziel hatte ich mir schon länger gesetzt. Zwischen Oranienburg und Burgwall kannte ich die Strecke ja schon von der Burgwall-Berlin-Tour mit Philipp letztes Jahr. Damals sind wir aber ab Oranienburg nicht mehr dem Fernradweg gefolgt, sondern mehr oder weniger direkt nach Berlin. Jetzt wollte ich mal komplett mit dem Rad zu Oma fahren, auch weil die Züge momentan schon komisch fahren – ab September dann gar nicht mehr. Und so machte ich mich auf meinen eigenen Schienenersatzverkehr.
Nachdem ich einige Tage zuvor mit der Trackplanung in gpsies fertig war, machte ich mich Mittwoch Abend an das Montieren des Gepäckträgers, den ich noch von der Cuxhaven-Tour habe. Meine Erinnerungen an die Tour wurden wieder wach und ich freue mich sehr – denn das motivierte mich, endlich mal wieder mit Gepäcktaschen zu fahren. Als ich dann Donnerstag morgen auch meine restlichen Sachen zusammengepackt hatte, ging es endlich los auf Berlins Straßen.
Erst einmal musste ich zum Brandenburger Tor kommen, um dort auf den RW Berlin-Kopenhagen zu gelangen. Ich schlug mich erst mal über einige mehrspurige Straßen bis zu einer halbwegs wenig befahrenen Straße durch, die mich direkt bis zum S-Bahnhof Priesterweg brachte. Von dort aus führt ein breiter Radweg an der S-Bahnstrecke direkt zum Südkreuz, und von dort aus ein ebenfalls guter Radweg an wenig befahrenen Straßen Richtung Innenstadt. Offiziell ist das auch der Radweg Berlin-Leipzig, der aber so gut wie gar nicht ausgeschildert ist. Und irgendwann kam ich leider auf eine Kopfsteinpflasterstraße zu (traurig, aber jede zweite 30er-Zone ist so gepflastert), was ich natürlich umgehen wollte. Mir blieben nur die überfüllte B96 oder eine andere mehrspurige Straße, für die ich mich dann entschied. Da man die schmalen gepflasterten Radwege an diesen Straßen vergessen kann – Wurzeln und Passanten geben höchstens 15 km/h her – nutzte ich die Busspur, was ja meistens auch für Radfahrer erlaubt ist. Als ich irgendwann schon in Tiergarten war, schnauzte mich ein Taxifahrer jedoch so zusammen, dass ich dann doch den Radweg nutzte, aber der wurde dann auch zum Glück besser. Die miese Laune der Berliner kriegt man übrigens öfter zu spüren. Dann ging es nur noch am Potsdamer Platz vorbei und schnell an Touris vorbei zum Brandenburger Tor. Und wie im letzten Post schon beschrieben: Entweder gibt es sehr gute Radwege oder eben sehr schlechte. Aber noch mehr stören fast die Ampeln, an denen man alle 100m anhalten muss und gar nicht erst warm wird.
Vom Brandenburger Tor aus ist der Radweg Berlin-Kopenhagen sehr gut ausgeschildert. Hier fährt man nun auch nicht mehr lange auf normalem Straßen, sondern biegt in der Invalidenstraße auf einen geteerten Radweg am Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanal ein, der dann über den Invalidenfriedhof führt. Leider sind manche Stellen zwischendurch gepflastert, um auf Gefahrenstellen hinzuweisen (unübersichtliche Kurven), doch als Rennradfahrer ist das Mist. Zum Glück gab es das nur 3-4 mal. Als dann irgendwann noch eine andere Hauptverkehrsachse überquert ist, wird es ruhiger auf dem Radweg. Ich komme nun nach Tegel. Hier führt der Radweg nun, immer noch direkt am Wasser, an Kleingartenkolonien vorbei, die sich direkt unter der Einflugschneise befinden. Spannend und ungewohnt, wenn man im Minutentakt die Flugzeuge über sich starten und landen hört. Offiziell müsste hier ja alles ruhig sein, aber auf das BER-Spektakel gehe ich jetzt mal nicht ein. Auch hier scheinen einem schlechtgelaunte Berliner den Tag mit ihrem Gemecker vermiesen zu wollen, weil man irgendwas falsch machen würde. Ich hoffte nur, dass sie die flowbiker-Domain, die ja auf dem neuen Trikot hinten drauf steht, nicht gelesen haben. Ein klarer Ansporn, immer möglichst korrekt zu sein.
Nach einer Überquerung des Kanals ging es in Richtung Spandau. Hier wurde der Radweg richtig breit und die Menschen auch viel netter. Als ich mich in er Nähe eines Segelclubs verfuhr, half man mir sofort weiter und plauderte ein bisschen. Manche glaubten nicht, dass ich mehr als 100km fahren wollte, und ich hab denen nicht mal von Cuxhaven erzählt. Irgendwann kam der Radweg dann an die Havel. Auch der Berliner Mauerweg teilt sich hier die Strecke, weshalb man hier viele geschichtsinterressierte Radfahrer an den Infotafeln stehen sah. Leider auch viele Leihradfahrer, die anscheinend schon länger kein Rad mehr gefahren sind und nun gefährlich hin- und herschwankten.
Vor Hennigsdorf ging der bisher immer geteerte Weg dann in einen längeren Schotterweg über. Da es eh mehr Kies war, war es auch nicht so schlimm, ich hatte nur Bedenken, dass meine schon abgefahrenen Mäntel das nicht mehr lange mitmachen (Siehe 3. Etappe Cuxhaven). Alles ging glatt und ich erreichte Hennigsdorf, wo ich dann Londoner U-Bahnen begegnete. Nein, ich war nicht falsch abgebogen, sondern fuhr nur am großen Betriebsgelände von Bombardier her, wo jedes erdenkliche Zugmaterial auf den Gleisen stand. Ein High-Tech-Zug neben dem anderen, ob Londoner Tube oder DB. Schade, dass man selbst irgendwie immer die alten Züge erwischt. Nach dem Verlassen von Hennigsdorf wurde der Radweg breiter und man fuhr nun endlich durch Natur, nicht mehr irgendwo an Zivilisation vorbei. Im Gegensatz zu Berlin ist es einfach nur herrlich, hier die Natur und die langen, verlassenen Strecken genießen zu können. An diesem Bild änderte sich auch nicht mehr viel bis kurz vor Oranienburg, als ich die ersten Vororte erreichte. Durch sehr gute Wohngegenden (ich erinnere mich an großzügige, moderne Villen) und vorbei an der S-Bahn ging es erst durch Birkenwerder und später durch Borgsdorf und Lehnitz – eben wo alle gut verdienenden Berliner ihre Einfamilienhäuser haben. Vom eigentlichen Oranienburg kriegte man dann gar nicht viel mit, weil der Radweg direkt an der Havel durch einen kleinen Wald führte – Rechts Havel, links Gaststätten für die Wassersportler – und schneller als ich dachte stand ich vor der Oranienburger Schleuse. Von hier an kannte ich den Radweg bereits.
Vielleicht auch deshalb kam mir die jetzt noch vor mir liegende Strecke kürzer vor. Ich hielt noch an einigen bekannten Stellen an, genoss die 5km durch den Wald und stoppte dann in Lienenwalde, um noch kurz bei der Sparkasse und der Post hineinzuschauen. Auch hier waren die Leute wieder sehr nett und gesprächig. Auch wenn man hier als Radfahrer mit viel Gepäck kaum noch auffällt, so direkt an einem Fernradweg. Die letzten Kilometer vergingen wie im Flug und ich freute mich, nach etwa 5 Stunden Fahrt (inkl. Pausen) in Burgwall bei meiner Oma anzukommen. Zur Abkühlung sprang ich erst mal in den See und schwomm ein paar Runden, bevor ich mir später ein ordentliches Abendessen im örtlichen Gasthaus zur Fähre gönnte. Ein gelungener Tag mit vielen Erinnerungen an die Cuxhaven-Tour (nur Philipp fehlte mir zwischendurch) und vielen neuen Eindrücken. Und am Montag geht es wieder zurück – aber da bin ich schon am überlegen, nicht anders zu fahren.